Haushaltsrede von Bürgermeister Robert Stiebler zum Gemeindehaushalt 2024

Der Gemeinderat hatte in der Sitzung am 31.01.2024 über den von Bürgermeister Robert Stiebler und der Verwaltung vorgeschlagenen Gemeindehaushalt 2024 zu beschließen:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder des Gemeinderats,

das Damoklesschwert fällt.

Nach den schwierigen Herausforderungen der letzten Jahre, den Verfall der Gemeinde abzuwenden, haben die Corona-Pandemie und der Ukraine- Krieg ihr Übriges getan. Jetzt sind wir noch mehr unter Druck geraten, als es ohnehin schon seit Jahren der Fall ist. Prozesse wurden unaufhaltsam beschleunigt und treffen uns direkt ins Mark. Sie treffen uns in einer Phase, in der wir bereits ohnehin keinen Spielraum mehr haben, um wichtige und dringend notwendige Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Der Haushalt 2023 war bereits so abgespeckt, dass weitere große Streichungen für dieses Jahr illusorisch sind um ein positives Ergebnis zu erreichen. Wenn wir alleine durch die herrschende Inflation von Preissteigerungen von insgesamt 5,9% für das Jahr 2023 ausgehen, und in einigen Bereichen wie z.B. im Baubereich von 11% und mehr betroffen sind, können wir alleine die dadurch entstandene Lücke von über 1 Million Euro nicht schließen.

Die jährlichen Aufwendungen im Bereich der Unterhaltung sind im notwendigen Rahmen nicht mehr zu stemmen und lassen die Gemeinde Stück für Stück ausbluten. Die Schulden steigen, ohne dass wir es schaffen einen Gegenwert zu generieren. Im Schwitzkasten der Inflation waren wir gezwungen, selbst bei den für letztes Jahr bereits mageren Ansätzen nochmals grenzwertige Abstriche zu machen, um das heute präsentierte Ergebnis überhaupt erreichen zu können. Wir werden ohne ganz große Einschnitte, die in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden müssen, große Schwierigkeiten haben, einen genehmigungsfähigen Haushalt für 2025 vorlegen zu können. Die positiven Ergebnisse der Mittelfristigen Finanzplanung täuschen, da hier viele Positionen im Bereich Unterhalt noch mit Pauschalen besetzt sind, welche in den kommenden Monaten neu angesetzt werden müssen und zu deutlichen Abweichungen führen werden. Leider haben wir es auch aufgrund von Personalmangel und Preissteigerungen nicht geschafft alle geplanten Maßnahmen umzusetzen, so dass im ersten Augenblick trügerisch positive Ergebnisse entstehen. Mit diesen Fakten ist bereits jetzt klar, dass die Hoffnung auf schnelle Besserung innerhalb kurzer Zeit utopisch ist. Es führt folglich dazu, mindestens vorübergehend Hallen und weitere kommunalen
Gebäude und Einrichtungen zu schließen. Mein Aufruf im Oktober um alle Gemeindemitglieder zu informieren, vorzuwarnen, vielleicht sogar aufzuwecken und zum Zusammenhalt zu bewegen, hat bei einigen sogar noch weitere Begehrlichkeiten geweckt und mich in manchen Momenten sprachlos zurückgelassen. Es gibt leider immer noch eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Mitbürgern, die immer noch nicht wahrhaben wollen wo wir tatsächlich stehen. Es ist sinnvoll sich zu fragen, wie man es selbst im Privaten oder auch im Verein mit seinen Finanzen hält. Kein Mensch kann dauerhaft über seine Verhältnisse wirtschaften, seinen Fokus auf Dinge legen die in der Rubrik „nice to have“ anzusiedeln sind, ohne sich dabei auf lange Sicht zu ruinieren. Alles was jetzt bereits marode ist wird nicht wieder von alleine besser. Alleine Ihnen jeden Tag frisches, sauberes Wasser und eine funktionierende Abwasserbeseitigung anbieten zu können, bringt uns personell und finanziell teilweise an den Rand des Möglichen. Diese Aufgaben gilt es zuerst zu meistern, bevor alles Weitere kommt. Der Fokus muss auf der sorgfältigen Erledigung der Pflichtaufgaben liegen.

Heute präsentieren wir Ihnen das Zahlenwerk, welches das widerspiegelt, was der Gemeinde seit langem Prophezeit wird. Der Unterhalt der maroden Infrastruktur ist unser Verderben. Sie sehen es ständig selbst in vielen Bereichen, wie z.B. die unzähligen Wasserrohrbrüche oder der Zustand der Straßen und Brücken. Wir haben einen schier endlosen Investitionsstau den wir vor uns herschieben. Die Schiebetaktik Jahr um Jahr zu verlängern würde der Gemeinde weiterhin schweren Schaden zufügen. Es wird höchste Zeit mit Maß und Verstand die Realität zu erkennen und anzunehmen. Wir leben seit vielen Jahren über unsere Verhältnisse, und der lange reich gedeckte Tisch an Möglichkeiten, wie eben die Nutzung vieler kommunaler Gebäude, wird nicht mehr in der jetzigen Form existieren können. Wir sind uns bewusst, dass diese unumgänglichen Veränderungen sehr schmerzliche sein werden und unsere Bevölkerung und die Vereine hart treffen. Seit Jahren ist der Zustand unserer Gemeinde bekannt, und es sollte eigentlich niemand unvorbereitet erreichen.

Ich möchte mich nach dem Vortrag von Herrn Riedinger heute nur auf wenige Punkte beschränken und Ihnen wie folgt noch einmal kurz zusammenfassen.

Der Ergebnishaushalt weist einen Betrag der ordentlichen Erträge in Höhe von 14.865.574,82€ aus.
Dem steht ein Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen in Höhe von 15.914.450,30 € gegenüber, und führt somit im Gesamtergebnis folglich zu einem Fehlbetrag von -1.048.875,48 €.
Gegenüber dem Plan des Vorjahres ergibt sich damit eine Veränderung in Höhe von -668.713,28 Euro.

Unter dem Strich kann man zusammenfassen, dass die Mittel nach den notwendigen Kürzungen die wir jetzt angesetzt haben, nicht ausreichend sind um zukünftig vernünftig zu wirtschaften, zu unterhalten und geschweige denn sanieren zu können. Das sollte jedem klar sein. Hier folgt auch meine ausdrückliche Bitte an die jetzigen und zukünftigen Gemeinderäte, dass Sie uns durch mutige Entscheidungen unterstützen und
mit den nötigen Spielräumen ausstatten, damit wir aus dem Reagieren wieder zurück ins Agieren finden können.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere dem Rechnungsamt mit Kämmerer Herrn Riedinger bedanken. Mit Sorgfalt und professioneller Zusammenarbeit haben Sie diesen Haushaltsbeschluss vorbereitet. Der dreifache Wechsel auf Amtsleiterebene war und ist für alle eine große Herausforderung. Vakante Stellen sind immer eine zusätzliche Belastung und verlangen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel ab, um das tägliche Geschäft aufrecht zu erhalten. Hier gilt mein besonderer Dank Herrn Hudeczek, Herrn Stefan Wunsch sowie den weiteren Mitarbeitern im Hauptamt. Ebenfalls danken möchte ich Herrn Georg Wunsch und Herrn Lorenz Klumpp und Frau Spissinger im Bauamt für Ihre Unterstützung von Frau Hoffmann als neue Leitung des Bauamts. Mein besonderer Dank gilt aber auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde für ihren engagierten Einsatz in schwierigen Zeiten. Sie werden Ihrer Verantwortung gerecht, dass all unsere Einwohner in der Gemeinde trotz personeller Engpässe auf uns zählen können wenn Not am Mann ist. In einer Zeit in der Arbeit und Leistung nicht immer in entsprechendem Maße gewürdigt und vergütet werden, bin ich froh und dankbar über die Einstellung unserer Mitarbeiter, dass Sie nicht einfach die Flinte ins Korn werfen. In Zeiten von weitreichenden Veränderungen innerhalb der Gemeinde geht es darum, persönliche Interessen zurückzustellen und für das Wohl unserer Gemeinde zu arbeiten, damit wir vorankommen. Hier hoffe ich weiterhin auf die volle Unterstützung aller Mitarbeiter.

Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es zu verdanken, dass wir in der derzeitigen Situation immer noch Lösungen anbieten können, weil Sie mit Herzblut und Engagement dabei sind und nicht resignieren. Bei der gelegentlich aufkommenden Kritik, dass wir bei manchen Themen nicht schnell genug sind, vergessen die meisten Mitbürger, welches Aufgabenspektrum selbst in kleineren Verwaltungen, wie unsere, durch unsere Mitarbeiter mittlerweile abgedeckt werden muss. Die teilweise hohe Anspruchshaltung kann manchmal nicht erfüllt werden. Die Anforderungen die zusätzlichen von Bund und Ländern an Kommunen permanent gestellt werden sind aberwitzig und in der Masse zu viel. Sie basieren auf Personalressourcen von denen man weiß, dass sie derzeit nirgends vorhanden sind. Wie kann es sein, dass der Fachkräftemangel in aller Munde ist, in nahezu jedem Betrieb herrscht, doch wir als Kommunen - ebenfalls wissentlich überlastet - ungeachtet dessen immer mehr Aufgaben auferlegt bekommen? Von der finanziellen Seite ganz zu schweigen. Wo soll das noch hinführen? Wir, die Bürgermeister im Landkreis haben geschlossen bereits bei verschiedenen Themen mehrfach darauf aufmerksam gemacht. Aber den beschwichtigenden Worten aus Stuttgart und Berlin folgen keine Taten, und schließlich landet die Ausführung wieder ungebremst bei den Kommunen. Wir werden im Personalbereich kontinuierlich aufstocken müssen um bestehen zu können. Es wird Zeit uns von höherer Stelle die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit wir als Kommune weiterhin eine Chance haben unseren Verpflichtungen nachzukommen.

Bisher haben wir beim Thema Flüchtlinge gute Lösungen erreicht und werden diesen Weg weiter gehen, auch wenn hier irgendwann ebenfalls Schluss ist. Hier gibt es Kommunen, die schon lange komplett mit dem Rücken zur Wand stehen. Wir haben es bis hierhin sehr gut gemeistert, das ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Hier möchte ich die Gelegenheit nutzen, all denen zu danken die hilfsbereit sind, die Flüchtlinge und somit auch die Gemeinde und Gemeinschaft unterstützen.

Eine Investition in unsere Zukunft, in unsere Kinder, ist die beste Investition die wir tätigen können. Aber auch der Ausbau der Ganztagsbetreuung wird uns einiges abverlangen und zahlreiche Herausforderungen mit sich bringen. Hier sind der Ausbau und Umstrukturierungen notwendig, die ebenfalls wichtig sind, unsere bereits wohnhaften Familien zu unterstützen. Und hoffentlich dafür sorgen, dass sich weitere Familien für ein Leben in unserer Gemeinde entscheiden.

Das Pariser Klimaschutzabkommen ist ein wichtiger Schritt um einem Klimakollaps entgegenzuwirken. Aber dieses Abkommen fordert die Kommunen ebenfalls in besonderem Maße. Wir müssen unseren Anteil dazu beitragen. Doch dazu bedarf es - Sie werden es erraten - finanzielle Mittel und Arbeitskraft, um das dauerhaft umzusetzen und die gesteckten Ziele zu erreichen. Was jetzt für kleinere Kommunen zum Teil noch freiwillig ist, wird in wenigen Jahren ohnehin Pflicht werden und Basis für jede weitere Förderung sein. Somit bleibt uns hier zukünftig nicht viel mehr übrig, als frühzeitig bereit zu sein.

Wir als Gemeinde können nicht erwarten aus dem Nichts gerettet zu werden, das liegt in erster Linie an uns selbst. Alleine die eingeführte Nutzungs- und Gebührenordnung für unsere Gebäude bremsen die Spirale bei Weitem nicht ab. Es liegt keinem daran, den Vereinen zu schaden, aber wir können den Status Quo, wie bereits mehrfach erwähnt, nicht mehr aufrechterhalten. Ich persönlich hoffe, dass es in einigen Bereich zu Zusammenschlüssen einzelner Vereine bei der Ausübung des Angebots kommen wird. Das würde die Gemeinde bei allen folgenden Schritten unglaublich unterstützen, und der Kommune und somit auch den Vereinen die Chance geben, sich neu zu formieren und fit für die Zukunft zu werden. Wir werden mit den Vereinen daran arbeiten, dass hier Lösungen und neue Konzepte innerhalb geminderter Möglichkeiten entstehen. Es müssen kompakte, wirtschaftliche Nutzungskonzepte der kommunalen Gebäude erstellt werden. Es wird Zeit zu zeigen wie widerstandsfähig wir als Gemeinschaft sind, wenn wir Abstriche an den richtigen Stellen machen und alle an einem Strang ziehen.

Doch heute ist es wichtig nicht nur das Negative zu sehen, und ich möchte Ihnen Mut machen für unsere Zukunft. Wir müssen aus unserer Not eine Tugend machen. Die Umstände die uns heute belasten, uns morgen zu Nutze machen. Wir haben durch unsere finanzielle Schieflage die Möglichkeit von hohen Förderungen zu profitieren und auch das Thema Ausgleichsstock wird uns in den nächsten Jahren intensiv begleiten. Wir müssen diese Möglichkeiten wahrnehmen und zukünftig wieder investieren um Werte zu schaffen, die die Gemeinde dringend braucht. Wir müssen uns auf das Wesentliche beschränken, aber das was wir brauchen, müssen wir in einen Zustand bringen, der uns die nächsten Jahre und hoffentlich Jahrzehnte begeistert, begleitet und nicht nur belastet. Diese, unsere Gemeinde, hat sich in der Vergangenheit totgespart ohne die Notwendigen Investitionen für die Zukunft zu tätigen. Dass sich das eines Tages wieder rächen würde, war abzusehen, und hier stehen wir nun.

Werfen wir einen Blick auf die positiven Entwicklungen, die es zu betrachten gilt, wie die beschlossene Zusammenarbeit mit der Vattenfall Europe Windkraft GmbH und der Neuentwicklung des ehemaligen Schwarzenbach- Hotels an der Talsperre durch die BKI Gruppe. Das sind Projekte die zeigen, dass es für diese Gemeinde eine Zukunft gibt. Die Bauarbeiten zur Jahrhundertbaustelle in Form des Pumpspeicherkraftwerks der EnBW haben begonnen. Auch diese Maßnahme zeigt, dass es sich lohnt in Forbach zu investieren. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass diese Gemeinde eine Erfolgsgeschichte schreiben kann. Das Potential ist, bei allem was wir an Persönlichkeiten und örtlichen Gegebenheiten mitbringen, absolut vorhanden.

Harte Entscheidungen bringen in der Regel keine Orden ein und Sie führen zu Unmut in der Bevölkerung. Und hier möchte ich einen wichtigen Appell an Sie alle richten: Die Entscheidungsträger im Gemeinderat und auch in den Ortschaftsräten sind zu den folgenden Entscheidungen gezwungen, und solche Entscheidungen zu treffen fällt niemandem leicht. Das sind die undankbaren Momente, aber Sie gehören dazu. Umso mehr gilt mein Dank denen, die uns unterstützen und bereit sind ebenfalls Verantwortung zu übernehmen. Wir erleben aktuell welche politisch extremen Strömungen in erschreckendem Ausmaß erstarken, und hier ist Vorsicht geboten. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und sie lebt durch Diskussion und Kompromiss und dem Sinn für das Wohl der Allgemeinheit. Wer mit Entscheidungen nicht glücklich ist, der hat die Chance neue Ideen, Konzepte und Möglichkeiten zu entwickeln und einzubringen. Hierfür soll auch der kommende Gemeinderat, der in diesem Jahr gewählt wird, stehen. Und er braucht, wie auch wir in der Verwaltung, Ihre Rückendeckung. Das ist die Stärke einer freien Gesellschaft. Lassen Sie uns zusammenstehen und gemeinsam den Stier bei den Hörnern packen.
Wir haben eine letzte Chance, verspielen wir sie nicht leichtfertig!

Vielen Dank

Ihr Robert Stiebler
Bürgermeister